Kein Mann fuer eine Nacht
„Kein Mann für eine Nacht“
Urkomisches Dilemma in 3 Akten
von Uschi Schilling

Regie: Werner Hofmann

Ein Mann wacht morgens neben einer Frau auf und hat keine Ahnung, wer sie ist. Für den Finanzbeamten Axel Schweis der echte Horror. Nicht nur, dass er sich an die letzte Nacht nicht erinnern kann, noch dazu ist die penetrante Ordnung des Reinlichkeitsfanatikers durch Champagnerflaschen und herumliegende Reizwäsche durcheinander gebracht, sein geliebter, teurer Perserteppich durch Zigarettenasche entstellt - und er hat auch noch gegen seine wichtigsten Lebensgrundsätze verstoßen: kein Alkohol und kein Verkehr vor der Ehe! Zu guter Letzt quartiert sich seine Bettgefährtin, die Aktmalerin Lisa Sommer, auch noch bei ihm ein!

Diese Situation ruft die neugierige Nachbarin Gundula und Axels tyrannische Schwester Isolde auf den Plan. Während Lisa durch eine Verkettung von Gerüchten plötzlich als angebliche Dame aus dem Rotlichtmilieu verschrien ist, versucht sie, das Beste aus der Situation zu machen und verpflichtet heimlich Isoldes schüchternen Mann Alfred als Aktmodell und hilft außerdem Axels Nichte Susanne über ihre Beziehungsschwierigkeiten mit Mike hinweg. Nur ihre eigene Liebe zu Axel will nicht recht in Gang kommen, denn dem prüden Beziehungsmuffel scheint sein Perserteppich einfach wichtiger zu sein als sie.

Darsteller
Axel Schweis
Lisa Sommer
Gundula
Installateurin
Isolde Pfeifer
Alfred Pfeifer
Susanne
Mike
Thomas Trummer
Waltraud Flederer
Jutta Waßmann
Christine Grundig
Barbara Hubrich
Volker Eckstein
Sophie Inderwies
Rainer Kenner

Mitwirkende hinter und vor der Bühne
Maske / Frisuren
Bühnenbild / Aufbauten
Technik, Licht, Ton
"
Souffleusen
"
Kostüme
Requisiten / Inspizienz
Regie
Angelika Nickel
Peter Gsell
Werner Gasser
Ralf Mahlo
Gudrun Buberl
Ulli Seufert
Thomas Trummer
Christa Messner
Werner Hofmann
Fotos: Gerd Nickel
MAIN-POST
  Ausgabe Karlstadt
  vom Samstag, den 10. April 2010

von Felix Hain
Benebelt zu voller Manneskraft
„Kein Mann für eine Nacht“ feierte Premiere im Theater in der Gerbergasse

Schon die Anfangsszene lässt die Zuschauer schmunzeln. Klamotten liegen auf dem Boden verstreut, ein Stuhl liegt auf der Seite, Zigarettenkippen, leere Flaschen auf dem Perserteppich und Damenunterwäsche bilden eine Landschaft, die sich bis ins Bett fortsetzt.

Die feucht-fröhliche Nacht, die sich an der Realsymbolik der auf der Bühne verstreuten Gegenstände ablesen lässt, wird dem prüden Finanzbeamten Axel Schweis, gespielt von Thomas Trummer, nach und nach von seiner Bettpartnerin, der Aktmalerin und Lebenskünstlerin Lisa Sommer (Waltraud Flederer), in sein durch Alkohol etwas lückenhaft gewordenes Gedächtnis zurückgerufen.

Dass es sich um die wohl prekärste Situation seines sonst so penibel geordneten Lebens handelt, merkt er, als ihm bewusst wird, dass die gute Lisa ihn nicht nur zum Champagner verführt, sondern ihn auch zum Mann gemacht hat. Von Ersterem ist er verkatert, Letzteres verwirrt ihn bis zu Orientierungslosigkeit.

Die Bettszene ist sicher nicht der neueste Schrei des Theaters, es gelingt hier aber, die sich entwickelnde Situationskomik zu entfalten, die gekonnt immer eine gewisse Gratwanderung vollzieht: Durchgängig pikant, immer an der Grenze zwischen dem gerade noch Erlaubten und dem schon leicht Schlüpfrigen. Aber wir sind ja in einer Boulevardkomödie.

Axel Schweis ist im Grunde die Karikatur eines großen Kindes, das zu viel Sauberkeitserziehung über sich hat ergehen lassen müssen, Sigmund Freud winkt mit dem Zaunpfahl. Seinen Sauberkeitswahn tobt er vor allem in der Küche aus. Er ist davon so in Mitleidenschaft gezogen, dass er nur Objektbeziehungen (sein Perserteppich ist die Hauptfixation) eingehen kann. Nichts ist ihm so fremd wie alles Menschliche, insbesondere alles, was mit Liebe oder gar Sexualität zu tun hat.

Rückzug

Seine Partnerin Lisa mit dem Herzen am rechten Fleck gibt sich als mittellose Künstlerin aus, betreibt aber soziale Camouflage, denn als sie am Ende ums Haar aufgibt, Axel für die Liebe zu gewinnen, kündigt sie an, sich in ihr Penthouse zurückzuziehen.

Nun werden, einer nach dem anderen, die weiteren Charaktere eingeführt - die Türklingel bekommen die Zuschauer an diesem Abend sehr oft zu hören. Die neugierige, nervenaufreibende Nachbarin Gundula (Jutta Waßmann), die permanent Teil der Handlung werden möchte und der dies auf immer groteskere Weise misslingt, bildet einen Gegenpol zu Axel, der ständig dem Geschehen Richtung Küche zu entfliehen versucht, weil dort sicher etwas aufzuräumen ist.

Seine dominante Schwester Isolde, Moralapostel und heimliche Säuferin, bravourös gespielt von Barbara Hubrich, und ihr Mann, zu Beginn noch Bettvorleger und Ehekrüppel Alfred (Volker Eckstein).

Letzterer avanciert durch seine herausragende Mimik, viel spontanem Witz und eine Rolle, die seine schauspielerischen Möglichkeiten zum Ausdruck bringt, schnell zum heimlichen Publikumsliebling. Auch Isoldes Nichte Susanne (Sophie Inderwies), die eigentlich schon 22 ist, aus Angst vor Hausdrache Isolde jedoch die Göre mit Lollipop mimt und Axels Mitbewohner Mike (Rainer Kenner), ihr heimlicher Schwarm - was aber innerhalb des Stücks etwas zu konstruiert erscheint -, werden ins Geschehen gebracht.

Bedrohliche Wirkung

Urkomisch ist auch Christine Grundigs Darstellung der Installateurin, die angefordert wird, weil die Heizung ihren Geist aufgegeben hat und deren Aufgabe darin zu bestehen scheint, das vorhandene Beziehungschaos durch den Einbruch bedrohlicher Elemente wie den Wasserrohrbruch noch zu vergrößern.

Wie es sich für ein solches Stück gehört, verstricken sich schnell alle Charaktere in teilweise surreale, scheinbar unauflösbare Verwicklungen. Nachdem alle shakespearehaften Verstrickungen gelöst sind, geht es nur noch um Axel. Kann er erkennen, was Liebe ist oder bleibt sein Perserteppich für immer seine bessere Hälfte? In einem wunderbar witzigen Finale läuft Thomas Trummer zu schauspielerischer Höchstform auf, weil ihm das Stück an dieser Stelle die Möglichkeit gibt aus der, als Karikatur angelegten, stark typisierten Rolle des verklemmten Sauberkeitsfanatikers ins Fach des sensiblen Liebhabers überzuwechseln.

Pointen und Zweideutigkeiten

Das Stück ist lustig und bedient viele Klischees, ganz in der Manier des Boulevardtheaters. Hier soll man auch nicht lang über einzelne Pointen grübeln, die Witze schlagen sofort ein. Viele eindeutige Zweideutigkeiten und der gelegentliche Ausflug ins Anzügliche, Wortspiele und Witzeleien mit Fremdwörtern gehören ebenso zum Repertoire wie Situationskomik.

Die Karlstadter Aufführung dieses Uschi-Schilling-Stückes unter der Regie von Werner Hofmann ist sehenswert, auch und gerade weil sie aus der Gerbergasse kommt. Während auf vielen professionellen Theaterbühnen die Schauspieler dazu tendieren, nach einer gewissen Zeit sich mehr oder weniger ausschließlich selbst zu spielen, haben die Karlstadter nicht nur Können, sondern auch ihren Enthusiasmus mit auf dem Programm. Um es als Slogan zu formulieren: Das Stück ist ein echter Kracher.