Achtung Deutsch
„Achtung Deutsch!“
von Stefan Vögel

Eine Multi-Kulti Komödie, bei der kein Auge trocken bleibt!

Henrik Schlüter ist das Oberhaupt einer fünfköpfigen Studenten-Wohngemeinschaft. Seine Mitbewohner sind der Syrer Tarik, Spezialist in mittelhochdeutscher Lyrik, die lebenslustige Französin Virginie, ihr aktueller italienischer Lover Enzo und der trinkfeste Wiener Rudi.
Als Henrik in den Urlaub fährt, übergibt er Tarik, dessen Einbürgerungsverfahren kurz vor einem positiven Abschluss steht, offiziell die Aufsicht über den kunterbunten Chaotenhaufen. Doch kurz nach Henriks Abreise kündigt sich Herr Reize von der Wohnungsbaugenossenschaft an, um „Familie Schlüter“ zu überprüfen - anscheinend hat man die Multi-Kulti-Truppe als eine deutsche Familie mit zwei Kindern eingestuft.
Um Tariks Einbürgerungsverfahren nicht zu gefährden, beschließt die WG, das Spiel mitzuspielen - doch wie wird man so schnell zu einem „richtigen“ Deutschen?
Die Situation gerät aus den Fugen, als der unangenehme Nachbar Schröder eingreift und alles aufzufliegen droht.

Darsteller
Henrik Schlüter
Tarik Al-Hassan
Virginie Aubert
Rudi Scheibler
Lorenzo "Enzo" Danesi
Friedhelm Schröder
Jochen Reize
Matthias Frädrich
Marc Sigmund
Waltraud Flederer
Thomas Trummer
Rainer Kenner
Volker Eckstein
Peter Daumberger

Mitwirkende hinter und vor der Bühne
Maske / Frisuren
Bühnenbild / Aufbauten
Technik, Licht, Ton
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Souffleusen
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Kostüme
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Requisiten / Inspizienz
Regieassistenz
Regie
Angelika Nickel
Peter Gsell
Werner Gasser
Ralf Mahlo
Gudrun Buberl
Ulli Seufert
Simone Sigmund
Petra Gehrsitz
Thomas Trummer
Christa Messner
Barbara Hubrich
Werner Hofmann
Fotos: Gerd Nickel
MAIN-POST
  Ausgabe Karlstadt
  vom Montag, den 02. April 2012

von Günter Roth
Ein aufgescheuchter bunter Haufen
Ausgeflippte Screwball-Komödie im Theater in der Gerbergasse: „Achtung Deutsch“

Mit ihrer neuen Komödie „Achtung Deutsch“ von Stefan Vögel präsentiert die Theaterbühne Karlstadt einen Theaterfrühling, der es in sich hat. Skurril, überdreht, frivol und manchmal auch ganz schön derb zeigen eine Frau und sechs Männer eine turbulente Slapstick-Komödie mit sowohl prallen wie auch subtileren Pointen.

Nein, „Achtung Deutsch“ lässt ganz gewiss kein Klischee aus, weder Nationalitäten noch soziale Schichten werden bewusst und gnadenlos als Abziehbildchen der Gesellschaft vorgeführt. Da ist die Rede von islamistischen Terroristen, Kameltreibern, Spaghettifressern, versoffenen, verblödeten Wienern und triebhaften Franzosen. Also nicht die geringste Spur von „political correctness“, Migranten sind eben einfach Ausländer.

In der Studenten-WG von Henrik Schlüter leben eine französische nymphomane BWL-Studentin, ein versoffener österreicher im 23. Semester und ein Möchtegern-Papagallo aus Italien. Alle hängen nur herum, keiner hat ein Ziel vor Augen - wäre da nicht der syrische Germanistikstudent Tarik Al-Hassan, der die deutsche Staatsbürgerschaft anstrebt. Während seine Mitbewohner ethnische Schablonen voll ausleben, ist Tarik mittlerweile schon als Deutscher eigentlich überqualifiziert.

Dieser bunte Haufen wird aber aufgescheucht, als eine amtliche Kontrolle ansteht und sich die Multikulti-WG in kürzester Zeit in eine deutsche Patchwork-Familie verwandeln muss, ein „Schnellsiedekurs für Neogermanen“ tut Not. Zusätzliche Probleme bringen der Nachbar, ein Hartz-IV-Prolet und ein scheinbar unnahbarer sowie unbestechlicher Bürokrat. Nachdem all das gehörig durcheinandergewirbelt wird, stellt sich am Ende heraus, dass wieder mal alles für die Katz' war und „wir alle doch schließlich eine große Familie sind“.

Die Schauspieler machen's aus

Das Stück „Achtung Deutsch“ lebt in seiner Karlstadter Fassung in erster Linie von den glänzenden Leistungen der Schauspieler. Was das Ensemble der Theaterbühne aus dieser inhaltlich nicht allzu anspruchsvollen Komödie macht, ist einfach köstlich. Dem Regie-Duo Werner Hofmann und Barbara Hubrich ist es gelungen, die sieben Akteure punktgenau einzusetzen und aufeinander abzustimmen. Da braucht zum Beispiel Thomas Trummer mit seiner bekannten Freude am Spiel mit der Sprache nur einen Satz im unsäglich breiten Wiener Dialekt mit der passenden Mimik zu sagen, schon ist das Publikum aus dem Häuschen.

Herrlich frivol und männermordend geht Waltraud Flederer als Virginie Aubert aufs Ganze, lasziv im Negligé, affig im Dirndl oder verrucht im Rotlicht zu „Je t'aime“. Perfekt ihr französischer Akzent, den sie sicher durchhält. Klasse auch die sprachliche und darstellerische Leistung des ewig gockelnden und plappernden Rainer Kenner als Enzo Danesi. Einen überzeugenden Proleten aus der Nachbarschaft gibt Volker Eckstein im Wechsel zwischen Großmannsgehabe, Beschränktheit und unkontrollierter Lüsternheit. Ebenso ambivalent zeigt sich auch Peter Daumberger einerseits als der sachlich korrekte Beamte, dann aber auch als empfindsamer Mensch und letztendlich auch mit einer tüchtigen Portion an innerem Schweinehund.

Zentrale Figur des Stücks ist Marc Sigmund, der in früheren Stücken oft als Buffo auf sich aufmerksam gemacht hat und jetzt zunehmend in Charakterrollen zu überzeugen weiß. Seine klar akzentuierte Sprache, die wohl kontrollierte Mimik und Gestik sowie die Sicherheit im Auftritt sind bemerkenswert. Dabei füllt er aber auch die Figur des syrischen Tarik, der längst schon Deutscher geworden ist, mit Wärme und Leben. Mitakteur im“bunten Haufen“ war auch Matthias Frädrich.

Liebe zu Details

Ein Lob auch der Kulisse und der Inspizienz. Mit einfachen Mitteln und liebevollem Blick aufs Detail - wie Hosenträger in Schwarz-Rot-Gold - werden Veränderungen optisch gezeigt und verstärkt.